Grandiose Premiere der Festspiele Breisach

Es ist immer wieder eine ganz besondere Atmosphäre – die Premieren der Festspiele Breisach. Endlich – vergangenen Samstag hat die neue Spielzeit begonnen. In diesem Jahr begeistern die Festspieler, um Regisseur Armin Kuner, das Publikum mit der Komödie „Was Ihr wollt“ von William Shakespeare. Der englische Schriftsteller zählt zu den bedeutendsten Dichtern aller Zeiten. So fließen in „Was Ihr wollt“ neben der Komik auch tragische und dramatische Elemente mit ein. Sie sind das Salz in der Suppe. Shakespeares Stücke strotzen vor schöpferischer, bildhafter Sprachgewalt. Die Charakteren des Stücks stellte der Dichter in meisterhafter, psychologischer Gestaltung dar. Diese Säulen griff Armin Kuner geschickt auf, als er das Stück auf die Breisacher Schauspieler umschrieb. Ansonsten blieb er der Geschichte treu. Mit Fingerspitzengefühl hat Armin Kuner die Sprache modernisiert. Trotz allem ist der sogenannte Blankvers, reimloser Vers, eine große Herausforderung. Rhythmik, Pausen, Sprechgeschwindigkeit sowie Betonung sind flexibel und an kein Schema gebunden.
Doch nun ein kurzer Einblick in die Geschichte mit Verwirrungen, Verwechslungen, Liebe, Hass und Eifersucht. Gerade der verschwimmende Rollen- und Geschlechtertausch war schon zu Shakespeares Zeiten ein aktuelles Thema und ist es noch heute. Bei einem Schiffsunglück kommt die junge Adlige Viola (Eva Hildebrand) vor den Toren Illyriens nur knapp mit dem Leben davon. Ihren Zwillingsbruder Sebastian (Mike Meier) glaubt sie tot. Um als Frau nicht in Gefahr zu geraten, verkleidet sie sich als Mann und tritt als Cesario in den Dienst des Herzogs Orsino (Mirco Lambracht) ein. Dieser hat sein Herz an Gräfin Olivia (Eva Heitzmann) verloren, die ihn tragischerweise immer wieder zurückweist. Der Schwermut steht ihm ins Gesicht geschrieben. Als Cesario der Gräfin die Liebesbotschaften des Herzogs überbringt, verliebt diese sich schicksalhaft in Cesario (Viola). Viola (Cesario) hat sich jedoch inzwischen in Orsino verliebt. Eines Tages taucht der totgeglaubte Sebastian, Violas Bruder, wieder auf und macht damit die Verwirrung perfekt. Wer liebt nun wen und warum? Wird es ein Happy End geben?

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Geschichten um die Geschichte

Doch auch die Geschehnisse, die um die Hauptgeschichte gestrickt werden, spiegeln den Zeitgeist wieder. Junker Tobias von Rülp (Ben Lambracht) läßt es sich auf Kosten von seiner Cousine Olivia gut gehen. Mit seinem treudoofen Freund Junker Andreas von Bleichenwang (Harald Bürgin) spaziert, besser gesagt, torkelt er jeden Tag von Kneipe zu Kneipe. Wie Orsino ist von Bleichenwang ebenfalls unsterblich in Olivia verliebt, was von Rülp perfekt auszunutzen weiß. Auch Olivias Haushofmeister Malvolio (Frank Ganz) balzt um deren Gunst. Ob es tatsächlich aus wahrer Liebe zu ihr ist, oder er sich davon lediglich die Chance zum Aufstieg in den Adel verspricht, das darf der Zuschauer für sich selbst entscheiden – wie er will. Malvolio gleicht einem Gockel, der selbstverliebt und mit erhobenem Haupt herumstolziert. Er schikaniert das Personal von Gräfin Olivia sowie auch deren Cousin von Rülp wo er nur kann. Das lassen die Haushälterinnen nicht auf sich sitzen. Gemeinsam mit von Rülp und von Bleichenwang spinnen Maria (Johanna Herdemerten), Fabiana (Patricia Kaiser) sowie Floriana (Madlen Kerkermeier) eine tragisch-komische Intrige gegen Malvolio. Sie lassen ihn mit einem Brief glauben, dass Gräfin Olivia seine Gefühle erwidert. Ihrer vermeintlichen Forderung, nach gelben Strapsen und hohen Schuhen, kommt er nur zu gerne nach – sieht er doch sein Ziel in greifbarer Nähe. Oder kann er endlich den in ihm schlummernden Fetisch offen ausleben? Egal was es ist, Olivia steht ihm völlig konsterniert gegenüber. Für die Verursacher des Streichs ist dies natürlich ein großer Spaß, ohne einen Gedanken an die tragischen Folgen für Malvolio. Sie lassen ihn in ein dunkles Verlies sperren. Hier wird er von dem Narr (Elke Bürgin) weiter an der Nase herumgeführt. Der Narr will sich zwar von seiner komödiantischen Seite zeigen, auf den zweiten Blick dringt jedoch immer wieder die Traurigkeit in ihm hervor. Seine Witze und Wortverdrehungen findet weder jemand komisch noch wird er richtig verstanden. „Ich verdiene Geld mit meiner Musik, aber ich weiß nicht, ob ich es verdiene“, so eine seiner von Selbstzweifel geplagten Aussagen. Trotz allem will auch er seinen Platz in der Gesellschaft. Wird er ihn bekommen? Währenddessen macht Herzog Orsinos verschmähte Verliebtheit zur Gräfin ihm alles überdrüssig. Er kann weder das gute Essen noch das freizügige Leben genießen. Ihm scheint alles sinnlos. Wird er eines Tages doch das Herz von Olivia gewinnen können? All‘ diese Fragen werden am Ende des Stücks beantwortet. Während des gesamten Schauspiels dringen immer wieder versteckte, sexuelle Anzüglichkeiten durch. So gilt es beispielsweise Malvolios Buchstabierungen aus dem vermeintlichen Brief von Gräfin Olivia besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Narr, wer das überhört.

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Hinter den Kulissen

Für die Breisacher Festspieler ist Regisseur Armin Kuner ein „Macher mit Qualität“. Viele Stunden der Proben vergingen, bis sie vergangenen Samstag dieses Meisterstück ihrem Premieren-Publikum präsentieren durften. Teilweise mussten die Rollen aufgrund von Krankheit um- oder neubesetzt werden. Kein leichtes Unterfangen und Regisseur und Schauspieler. Auch das Wetter zeigte sich nicht immer von seiner Schokoladenseite. Doch nichts davon hielt die Akteure von ihrem Ziel ab. Viele Schauspieler gaben dem Stück durch ihre Nebenrollen einen besonderen Glanz. In den weiteren Rollen spielten: Kapitän und Offizier, Reinhold Meyer; Curio, Susanne Rath-Prazak; Valentin, Alexandra Nadine Schächtele; Dienerin und Matrose, Daniela Frey, Claudia Krieger und Corina Thiedig; Maurizio und Offizier, Detlef Langer; Guiseppe, Offizier und Priester, Eberhard Kopp und Peter Teichert; Antonio, Sarah Thiedig und Laura Engist. Die Musik für den Gesang sowie die Playback gestalteten Coco und Tilo Buchholz. Für ein grandioses Bühnenbild und die schillernden Kostümen zeichneten sich Stephanie Breidenstein sowie Bärbel Albiker verantwortlich. In der Maske rundete Brigitte Paulsen-Uhl das Aussehen der Akteure perfekt ab. Patricia Kaiser stand Armin Kuner als Regieassistentin hilfreich zur Seite. Natürlich werden sie alle von einem großen, engagierten Team unterstützt, denn nur so ist solch‘ eine grandiose Inszenierung möglich. Am Ende des Stücks bedankte sich das Publikum mit minutenlangem Applaus.

Fazit:

Mit „Was Ihr wollt“ zeigen die Festspiele Breisach feinste Theaterkunst. Der Mix aus Schauspiel, Gesang, Komik, Drama und Tragik ist filigranst gelungen und bietet höchste Unterhaltung vom ersten bis zum letzten Wort – Chapeau!
Nicole Fischer