Das historische Breisach bietet viel. Auch auf der Spurensuche nach antiken Erkern und der Suche nach Geschichten, die das Leben innerhalb dieser Erker auf dem Münsterberg schrieb. Da wird man schnell fündig. Insbesondere dann, wenn man sich gemeinsam mit dem Leiter des städtischen Stadtarchivs, Uwe Fahrer, auf Spurensuche begibt. Da nennt er das Gutgesellentor und das Kapftor und überlieferte Geschichten zu längst nicht mehr erhaltenen Erkern. Eine Geschichte dazu ist niedergeschrieben vom Chronisten Protas Gsell.

Aber auf dem Münsterberg gibt es noch einen neueren künstlerisch gestalteten Erker am Pforrhaus. Eigentlich stammt er aus alten gotischen Zeiten und wurde nach dem Jahr 1945 komplett erneuert. Die Kriegsschäden wurden beseitigt, obwohl noch ein altes gotisches Erkerfragment gut erhalten war. Zu nennen ist auch noch ein Sgrafitto abseits des Münsterbergs an einer Hausfassade des Marktplatzes mit der Andeutung eines Erkers. So ein Sgrafitto beinhaltet gestalterische Kratzspuren, die im feuchten Putz hinterlassen wurden. An den beiden künstlerisch gestalteten Erkerelementen am Pforrhaus und am Marktplatz hat Karl-Heinz Engelin seinen signifikanten Fingerabdruck als Künstler hinterlassen.

spector breisach

Erker gibt es weltweit in vielfachen Formen. Der geschlossene, überdachte Vorbau an Häusern, an Burganlagen, an Staddttoren und an Stadtmauern diente schon immer entweder der Vergrößerung des Raumangebots, der Möglichkeit des zusätzlichen Lichteinlasses, der Frischluftzufuhr und auch der Möglichkeit selbst unbeobachtet Beobachtungen zu machen. In islamischen Ländern bot so ein “Maschrabiyya” auch den Frauen ohne Verschleierung einen gut belüfteten Sitzplatz zur Beobachtung des Straßenlebens. Erker dienten schon im Mittelalter als Schützenstand mit Schießscharten oder als Mauerausbuchtungen, als Aborterker und Kapellenerker. Ausgkragte Balkenlagen ermöglichten den nach unten geöffneten Erker. Dieser konnte entweder als Pechnase zur Verteidigung oder zur Entsorgung der Fäkalien in den Burggraben genutzt werden. Solch eine Pechnase ziert in Breisch das Gutgesellentor, das den Zugang zum Münsterberg regelte und im Jahr 1319 erstmals erwähnt worden ist. Über die Benutzung der Pechnase ist in den Geschichtsbüchern kein Vermerk enthalten. Noch älter dürfte das Kapftor sein, das vermutlich aus dem 12. Jahrhundert stammt.

Die Garnisionsstadt Breisach hatte aber bis ins Jahr 1793 zwei weitere bekannte und durchaus interessante Erker auf dem Münsterberg. In der Radbrunnenallee, Ecke Pforrgasse war einst das Gasthaus Bären in der Oberstadt. Auf der Straßenseite gegenüber war ein weiteres Gasthaus. In den Sälen über den Gaststuben befanden sich die Erker zur Radbrunnenallee hin. Diese Säle durften nur von Offizieren betreten werden. Die Offiziere hielten sich gerne in diesen Erkern auf, um alles überblicken zu können. Und hier schreibt der genannte Breisacher Chronist Gsell: Wenn die Offiziere beobachten konnten, dass verurteilte Frauen, die wegen kleinerer Delikte wie Zank, Streit und Beleidigungen zur Strafverbüßung in den Radbrunnen geführt wurden, löste dies bis weit ins 18. Jahrhundert hinein Offiziersalarm aus. Dabei boten sich die schnellsten Offiere den verurteilten Frauen in einem Deal gegen anderweitige Freundlichkeiten an, für sie das hölzerne Tretrad zu treten. Durch diese Ablösung der Strafe förderten die Offiziere dann mit ihrer eigenen Kraft Wasser aus 41 Metern Tiefe aus dem dortigen Trinkwasserbrunnen, um danach die Verbindlichkeiten bei den betroffenen Frauen einzulösen.

Fotos: Eberhard Kopp